Später verfluchte sich Skimir, dass er seinen Freund nicht besser festgehalten hatte, aber in diesem einen Augenblick erging es ihm wie Malandro und beide sahen zu, wie sich die Katastrophe entfaltete.
Natürlich tauchten weitere Ingener aus dem Dunkel hinter dem kleinen auf, der sich benommen schüttelte und mit blutender Lippe vom Boden hochdrückte. Einen ungehinderten Schlag konnte Tiscio noch anbringen, dann begann das, was bestenfalls ein Ringkampf werden konnte, aber eigentlich eine wilde, recht einseitige Schlägerrei war. Es waren bestimmt zehn dreckige halbstarke, die sich über den Feldstraßler hermachten und so blieb Skimir und Malandro kaum eine andere Wahl, als sich in den aussichtslosen Kampf zu stürzen.
Natürlich dauerte diese Abreibung nicht einmal fünf Minuten und natürlich kam es den dreien wie eine Ewigkeit vor. Schon nach kurzer Zeit beschränkten sie sich darauf, zusammengekrümt auf dem Boden zu liegen um zu schützen, was zu schützen ging.
Zu Beginn hatte Malandro noch versucht, Kargerheim zu finden, in der Hoffnung, dass er ihnen beistehen würde, aber mit den ersten Tritten verschwand diese Hoffnung.
Irgendwann war es vobei. Sie lagen noch eine Weile im Schmutz, bis sie sich schließlich, einer nach dem anderen, unter Schmerzen entfalteten. Wieder verging einige Zeit, in der sie bemerkten, dass keiner, der an ihnen vorbei ging, von ihnen Notiz nahm. Schließlich richtete sich Tiscio auf. Er, der sich am meisten Prügelte und oft genug der Grund für die Schlägereien war, hatte am besten gelernt, mit den Schmerzen zu leben. Er half seinen Freunden auf und gemeinsam humpelten sie, ohne noch einmal aufgehalten zu werden, vom Platz. Erst als sie den sicheren Schienensteig erreicht hatten, begannen sie, ihre Wunden zu begutachten. Ein Berti patroullierte die Plattform entlang und betrachtete sie argwöhnisch, ließ sie aber in Ruhe.
"Verdammt," setzte Skimir durch seine gesprungene Lippe an, "wir hätten draufgehen können." Tiscio sah sehr bewußt die Gleise hinunter. "Was hast du dir nur dabei gedacht."
"Ich dachte, die würden uns aufschlitzen." Malandro hielt seinen rechten Arm fest und versuchte gleichzeitig die Schmerzen aus seinem Rücken zu dehnen. "verdammtes Schwein, dass wir so schnell zu Boden gegangen sind." Er versuchte zu lächeln, aber die Schwellung auf seiner Wange ließ die Mundwinkel wieder herunterschnellen. "Der Kargerheim hätte ja mal was machen können."
Und damit ließen sie es fürs erste auf sich bewenden: Kargerheim war schuld! Er war ein Exberti. Und Bertis hatten seltsame Kräfte, mit denen Sie sich gegen jeden Durchsetzen konnten. Es war totaler Schwachsinn, und wenn sie nur einen Augenblick darüber nachgedacht hätten, dann hätten sie nur ihre Köpfe darüber geschüttelt.
Sie wollten jedoch nicht nachdenken. Sie hatten gerade ihre Ärsche auf einem vergammelten Tablett serviert bekommen und ihre Zukunft sah auch nicht besser aus, mit Eltern die solch ungebührliches Verhalten wie Schlägereien mit einer Tracht Prügel belohnten. Und einem guten Freund, der nach allen Regeln der Straße die Fresse poliert kriegen müßte. Es war einfacher, die Schuld dem einarmigen Mann zu geben, der sie dorthin gebracht hatte, um sie anschließend im Stich zu lassen.
Verdammte Scheiße! Viel mehr konnten und wollten sie auf dem Rückweg nicht denken und es war eine der wenigen Sachen, die sie auch wiederholt sagten.
In der Feldstraße angekommen gab es schließlich nur eine Strategie, die sich mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg anwenden ließ, um weiteren Prügeln zu entgehen. Bei Malandro wäre es nicht so schlimm gewesen, sein Vater hatte die Familie schon lange verlassen, aber Tiscios Stiefvater war in der ganzen Straße als übler Schläger bekannt und auch Skimirs Vater konnte gelegentlich ausholen, wenn sein Sohn sich daneben benahm.
Also blieben sie unten, in der Hoffnung, dass sie erst in die Wohnungen kommen würden, wenn ihre Erzieher schliefen. Morgen war ein anderer Tag und wer machte sich schon darüber Gedanken, welche Prügel er am nächsten Tag einstecken mußte.