Die Brennerbande, Teil 06


Langsam sah sich Malandro um und versuchte auf dem Platz vor dem Museum, zwischen den Standbildern und den Fußgängern den Rest der anderen Bande auszumachen. Dass er niemanden sah, beruhigte ihn keinesfalls. Er musste also den Gelassenen spielen und versuchen, sie alle da heraus zumanövrieren. Über die Schulter sagte er deswegen: "Wir gehen jetzt zur Schienenstation." Den erstaunten Blick von Tiscio bekam er in diesem Moment nicht mit, wie auch, dass Skimir seine Zwille bereits in der Hand hinter seinem Rücken hielt. Die Rufe der Brennerburschen wie "Feiglinge!" "Angsthasen!" und "Schürzenbaumler" machten den Rückzug nicht leichter, aber Malandro hoffte, dass die beiden größten Streithähne unter seinen Freunden, Walmo und Tiscio, sich lange genug beherrschen können würden. Erst als er seine ersten Schritte rückwärts gemacht hatte und die beide Mädchen schon ein wenig vor gelaufen waren, sah er, wie Skimir seine Schleuder nach vorne brachte. Es war einer jener Augenblicke, die man später versuchte zehn Minuten lang zu erklären, obwohl sie keine zehn Sekunden gedauert hatten.
Malandro hatte wohl bemerkt, dass die Brenner unruhig darauf drängten, ihnen nachzugehen und sie vielleicht sogar anzugreifen. Tolung, Tolsachs rechte Hand, machte schließlich den ersten Schritt. Schikmo, der Bruder von Netbeth, die Malandro eigentlich ganz hübsch fand, hielt ihn jedoch zurück, indem er ihn mit der rechten Hand an der Brust stoppte, gerade so wie Tiscio von Walmo und Skimir zurückgehalten worden war. Es war jedoch sein Unglück, dass Skimir so schnell mit seiner Schleuder war. Oder vielleicht war es auch Skimirs Unglück. Doch gleichgültig wessen Unglück es war oder wem man die Schuld schließlich geben sollte, der Stein flog. Malandro meinte sogar noch, ihn zu sehen und hätte später Stein und Bein geschworen, seinen Flug mit den Augen verfolgt zu haben. Ein Flug, der an der Hand Schikmos endete und sie mehrfach brach.
Die Welt schien stehen zu bleiben. Alle hatten es gesehen. Alle meinten das Knacken der Knochen gehört zu haben. Alle wussten, dass Skimir ein ungeschriebenes Gesetz der Banden gebrochen hatte. Niemand benutzte eine Waffe in einer Schlägerei. Niemand. Egal, wie sehr sie sich alle hassen mochten, niemand benutzte eine Waffe, um einen anderen zu verletzen.
Der Schmerzensschrei Schikmos, der erst nach dem langen Entsetzen einsetzte, riss sie schließlich aus ihrer Starre. Es gab nichts mehr zu sagen und fluchtartig verließen die Kinder aus der Feldstraße den Platz vor dem Museum

Die Kinder aus der Feldstrasse