Auf Streife, Teil 05


Zwei Wochen dauerte es, bis Herlin endlich so weit geheilt war, dass er das Krankenhaus verlassen konnte, drei weitere Monate, bis er so weit genesen war, dass er den Dienst hätte wieder antreten können, wenn da nicht der Schönheitsfehler mit seinem Arm gewesen wäre. Und drei Wochen dazu, nach denen das Dienstaufsichtsverfahren begann, welches von Verwaltungskommissar Zustangel eingeleitet worden war.
Zustangel hatte es sich sehr einfach vorgestellt, den Hauptwachtmeister aus der Metrowacht hinausgeworfen zu bekommen. Wie so manch ein anderer bürokratischer Tyrann, der zu schnell auf einen Posten mit ausreichend Macht gelangt ist, um anderen das Leben schwer zu machen, genau die Regeln kannte, aber keine Vorstellung von den sozialen Gesetzen der Organisation, der er angehörte, besaß, hatte er den zusammenhalt des Fußvolkes unterschätzt - wie auch die Wertschätzung, die Herlin bei den Kommissaren der Strasse genoss. Auch über zwanzig tadellose Dienstjahre wurden nicht so einfach vergessen. Am Ende waren es aber wohl die fachmännischen Aussagen Doktor Süßgips, die den Ausschlag gab, und dafür sorgte, dass Herlin seinen Rang und seine Pension behalten durfte.
Trotzdem wurde ihm nahe gelegt, seinen Dienst zu quittieren. Der Frieden in der Wacht mußte gewahrt werden und einen Verwaltungskommissar aus gutem Haus (mit den entsprechenden Beziehungen) konnte man nicht so leicht los werden. Mit nur einem Arm hätte er sowieso nicht einmal mehr Schreibtischdienst versehen können, was ihm nur den Weg zum Dampfteilebasar lies, um seinen Posten behalten zu können, etwas, das nur wenige leichtfertig taten, denn die Gefahr der Infektion sowie der Preis waren erschreckend hoch. Herlin hätte das Geld nicht gehabt und war sich nicht sicher, ob er nicht zu alt war, um mit einer Dampfprothese zu leben.

Er ging, traurig und einsam. Ja, einsam, obwohl ihn alle verabschiedeten und seine Frau ihn am Ausgang erwartete. Am nächsten Tag würde er als Wachmann bei Sicklers anfangen, eine Stelle, die er über den Bruder eines ehemaligen Kollegen bekommen hatte. Er würde fast das selbe tun, wie jetzt auch, nur dass man ihn nicht wirklich ernst nehmen würde. Die Uniform wäre nicht die selbe, auch wenn es wenigstens eine Uniform war.

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